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Bewerbungsgespräch - Fragerecht und Wahrheitspflicht Drucken
Geschrieben von: EMSENHUBER & PARNTER   

Welche Fragen ein Bewerber im Vorstellungsgespräch wahrheitsgemäß beantworten muss, hängt häufig von einer Interessenabwägung und somit von den Umständen des Einzelfalls ab.

 

Der folgende Beitrag gibt – unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung – einen Überblick über die häufigsten Fragestellungen, die in der Praxis auftauchen.

 

Wahrheitspflicht

Fragen zu folgenden Themen muss ein Bewerber richtig beantworten:

  • Eigene Person und Qualifikation für die beabsichtigte Verwendung , etwa Name und Wohnort, Geburtsdatum, fachliche Ausbildung (Schulabschluss etc) und frühere Dienstverhältnisse;
  • Gesundheitszustand , soweit er für die zu besetzende Stelle von Bedeutung ist (beispielsweise, wenn ein Bewerber für eine Stelle im Kundenverkehr nach ansteckenden Krankheiten gefragt wird);
  • Ableistung des Präsenz- bzw Zivildienstes ;
  • ungetilgte Vorstrafen , die den Bewerber für die angestrebte Stelle objektiv ungeeignet erscheinen lassen, zB im Fall einer Bewerbung für eine Tätigkeit im Kreditwesen eine Verurteilung wegen eines Vermögensdelikts

 

Keine Wahrheitspflicht

Bei der Beantwortung folgender Fragestellungen besteht hingegen keine Wahrheitspflicht:

  • Bestehen einer Schwangerschaft oder Familienplanung
  • bereits getilgte Vorstrafen;
  • bisheriges Gehalt, es sei denn, dass ihm für die gegenständliche Stelle eine Aussagekraft zukommt (zB wenn es zur Beurteilung der Qualifikation erforderlich ist) oder der Bewerber eine Bezahlung in Höhe seines bisherigen Gehalts gefordert hat;
  • die privaten Vermögensverhältnisse müssen ebenfalls nur bei Vorliegen besonderer Umstände preisgegeben werden, etwa im Fall eines anhängigen Konkursverfahrens und einer Bewerbung um eine besonders vertrauensvolle Stelle.

 

Keine Diskriminierung

Diskriminierende Fragen, etwa nach der geschlechtlichen Orientierung, dem Religionsbekenntnis, der (gemäßigten) politischen Anschauung oder der Gewerkschaftszugehörigkeit, unterliegen ebenfalls nicht der Wahrheitspflicht. Anderes gilt allerdings in Tendenzbetrieben , also in Betrieben, die unmittelbar und überwiegend politischen oder konfessionellen Zwecken dienen . So muss beispielsweise bei einer Bewerbung um eine Stelle als Sekretär eines Politikers oder eines Gewerkschaftsfunktionärs die Frage nach der Partei- bzw Gewerkschaftszugehörigkeit oder im Fall einer Bewerbung um eine Stelle bei einer kirchlichen Organisation die Frage nach der Religionszugehörigkeit richtig beantwortet werden.

 

Behinderteneigenschaft

Nach einer (noch nicht rechtskräftigen) Entscheidung des OLG Wien berechtigt die unrichtige Verneinung der Frage, ob der Dienstnehmer begünstigter Behinderter ist, den Dienstgeber bei Bekanntwerden der Behinderteneigenschaft nach rund neun Monaten anstandsloser Beschäftigung nicht zur Entlassung. Diese Entscheidung basiert demnach auf der Rechtsauffassung , dass auch die Frage nach dem Vorliegen einer begünstigten Behinderung nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden muss.

 

Rechtsfolgen

Beantwortet der Bewerber eine Frage, die nicht unter die Wahrheitspflicht fällt, falsch, und kommt es in der Folge zur Begründung eines Dienstverhältnisses, so ist der Dienstgeber, nachdem er die Lüge durchschaut hat, nicht berechtigt, das Dienstverhältnis durch Entlassung (wegen Vertrauensunwürdigkeit oder Einstellungsbetrug) zu beenden. Auch der Kündigungsrechtfertigungsgrund der in der Person des Dienstnehmers liegenden Umstände, die die betrieblichen Interessen nachteilig berühren, kommt in diesem Fall nicht in Betracht.

 

Sonstiges

Das Fragerecht kann vom Dienstgeber im Bewerbungsgespräch oder auch mittels Personalfragebogens ausgeübt werden (in letzterem Fall ist das Mitspracherecht des Betriebsrats gemäß § 96 Abs 1 Z 2 ArbVG zu beachten). Die von den Bewerbern erhobenen Daten unterliegen der Geheimhaltungspflicht nach dem Datenschutzgesetz .

 

Besteht ein besonders großes Interesse des Dienstgebers an der Erlangung einer Information (etwa bezüglich einer gefährlichen und ansteckenden Krankheit), so ist der Bewerber unter Umständen dazu verpflichtet, den betreffenden Umstand von sich aus, also auch ohne danach gefragt zu werden, mitzuteilen. Der Status als begünstigter Behinderter zählt aber nicht dazu , weshalb ein Verschweigen dieser Eigenschaft weder Schadenersatzansprüche des Dienstgebers (wegen entgangener Förderungen und steuerlicher Begünstigungen) auslöst, noch den Dienstgeber zur Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit berechtigt.